Johannes Markert hat an der Fachschule für Holztechnik Stuttgart seine Meisterprüfung nach der neuen Prüfungsverordnung abgelegt und sieht darin ein zeitgemäßes Berufsverständnis verankert. Kritik an der Neuregelung kann er nicht nachvollziehen.

Fachzeitschrift DDS – Das Magazin für Möbel und Ausbau, 2010/06


Die neue Prüfungsregelung setzt an die Stelle eines Meisterstücks
im herkömmlichen Sinne eine umfassende Projektarbeit in Form eines realen Kundenauftrags. Das hat mich dazu motiviert, das Raumkonzept für den Büroneubau unserer Schreinerei zu planen. Dazu gehören Eingangsbereich mit Besprechungsraum, Planungsabteilung, Buchhaltung und Verwaltung. Als sogenanntes Teilerzeugnis habe ich den Empfangstresen gefertigt, um im Rahmen der Prüfung meine handwerkliche Kompetenz nachzuweisen. Der Prozess bildet für mich die Arbeitsweise eines zukünftigen Betriebsleiters in einem modernen Schreinerbetrieb ab: Einem tatsächlichen Kundenauftrag entsprechend, folgten auf die erste Konzeptidee Überlegungen zur Grundrissplanung, sowie Material- und Farbkonzepte, jeweils unterstützt durch angelegte Perspektiven.

Die Empfangstheke schafft Diskretion für den dahinter liegenden Arbeitsbereich. Hier wird Informationsmaterial aufbewahrt und ausgegeben. Gleichzeitig dient die Theke als offener Empfang für Gespräche von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern.

Gestalterisches Konzept

Grundgedanke ist, eine Spannung zwischen statischem Block und schwebender Platte zu erzeugen. Während das Mittelstück wie ein Monolith wirkt, soll die Platte dem Möbel eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz verleihen. Die Kombination von Corian und grobporiger Räuchereiche steht für den Gegensatz zwischen schwarz und weiß sowie glatt und griffig. Schon beim ersten Blick in das Büro soll der Besucher die Philosophie des Betriebs verstehen: traditionelle Verbundenheit zum Holz und die Kompetenz, in Kombination mit anderen Materialien moderne und funktionale Möbel zu schaffen.

Mir hat die komplexe Aufgabenstellung der Projektarbeit im Rahmen der Meisterprüfung weitere Erfahrungen im Planen, Konstruieren und Präsentieren vermittelt. Im Rückblick auf meine Meisterprüfung nach neuem Konzept wünsche ich mir, dass die Chancen der neuen Prüfungsverordnung sowohl von Prüflingen wie auch dem Prüfungsausschuss gesehen werden und sich immer mehr zukünftige Meister einer umfassenden Planungsaufgabe stellen.

So kann am Ende die Begeisterung für das Projekt auch die Wertschätzung der Prüfer finden. Hilfreich wäre, einheitliche Vorgaben rund um die Kernaussagen der neuen Prüfungsverordnung zu finden. Vielleicht braucht es auch mehr Mut, mit der Neuordnung der Prüfung in deren Umsetzung die rasante Veränderung unseres Handwerks zu dokumentieren – mit der Vision, den Schreinerberuf als kreative und umfassende Tätigkeit, den Schreiner als kompetenten Partner des Bauherrn und des Planers zu begreifen. Wenn dieses Verständnis nicht mehr nur die jungen Wilden, sondern auch die Entscheidungsträger unseres Berufes erreicht, kann das Schreinerhandwerk den Schritt in das 21. Jahrhundert meistern. Mit der neuen Prüfungsverordnung scheint mir der Grundstein gelegt, sich dem Wandel konstruktiv zu stellen. (Johannes Markert, 8. Juni 2010)